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Compare versions EditDieser Artikel ist ein Arbeitsdokument und soll im Rahmen einer kritischen Debatte in eine Übersicht über die demokratiepolitischen Möglichkeiten von Prognosemärkten ausgebaut werden.
Prinzipien
Warum ein Prognosemarkt statt eines einfachen Forums?
Der wichtigste - weil zwingende - Aspekt ist, dass ein Prognosemarkt die einzige bekannte Befragungsmethode ist, wie man die Meinung aller einfließen lassen und gleichzeitig allen den momentanen Umfragestand anzeigen kann, ohne dass es zu Verzerrungen oder Meinungsmanipulationen kommt.
Warum kollektive Intelligenz?
Das Grundprinzip ist einfach: Jede Stimme soll gültig sein und berücksichtigt werden, die gemeinsame kollektive Entscheidung sollte dann besser sein als wenn ein Einzelner (z.B. ein Diktator oder ein Parteichef) entscheidet. Das Problem ist, dass diese Verbesserung nicht von selbst passiert. Gustav Le Bon und Elias Canetti haben beschrieben, wie leicht eine Menschenmenge zum dumpfen gewalttätigen Mob wird. Wir brauchen also einen Mechanismus, die aus vielen gültigen Stimmen die kollektive Intelligenz aggregiert oder präziser ausgedrückt: destilliert. Herkömmliche Social Media erfüllen diese Anforderung nicht, Facebook und Co. stehen vielmehr gerade in der Kritik die Vermobbung zu fördern. Prediki ist ein speziell entwickelter neuer Social Media Typus, der die Entfaltung von kollektiver Intelligenz fördert. Meinungen werden sofort aggregiert und das Aggregat ist nachweislich besser als die überwiegende Anzahl der einfließenden Einzelmeinungen, selbst jener von Experten.
Warum Prognosen?
Prognosen unterscheiden sich von allen anderen Aussagen dadurch, dass sie immer Falsifizierbarkeit aufweisen. Hingegen findet in sozialen Netzen, herkömmlichen Foren, oder der Kommentarfunktionen von Artikeln eine verlässliche Wahrheitsprüfung praktisch nie statt, dementsprechend niedrig ist die Debattenkultur. Am Prognosemarkt hingegen wird spätestens zum Prognosehorizont immer festgestellt, ob eine Prognose richtig oder falsch war, wer recht hatte und wer nicht. Eine verbale Debatte, die mit einer numerischen Prognoseaufgabe verknüpft ist, bewirkt eine höhere Bereitschaft zum aktiven Lernen, rationalere und durchdachtere Argumentation in komplexen Themen. Debatten sind viel fokussierter und lösungsorientierter.
Warum Handel?
Der Mechanismus des Handels am Prognosemarkt eröffnet eine Form der Konsensfindung über erwartbare Entwicklungen (bei Untätigkeit) oder Ergebnisse (bei Änderungen). Wenn sich zwei Seiten auf einen Prognosehandel einigen, weiss man: eine Seite glaubte an eine höhere Wahrscheinlichkeit eines künftigen Ereignisses, die andere an eine geringere.
Warum ein Algorithmus?
Sogenannte Scoring Rules bewirken, dass ein Teilnehmer nur ein gutes Abschneiden erwarten kann, wenn er seine wahre (subjektive) Meinung einfließen lässt. Gleichzeitig kann jede neue Meinung jedes Teilnehmers sofort aggregiert werden. Es wird für die Allgemeinheit sofort sichtbar, wie sich die kollektive Meinung ändert.
Warum Zusatzlose?
Offene Demokratie will durch
- die breite Einbeziehung aller,
- gute Repräsentation der betroffenen Bevölkerung, sowie
- hohes thematisches Wissen bzw. Einschätzungsvermögen, Voraussicht,
ein besseres politisches System aufbauen. Für diese Expertise ist das individuelle Abschneiden am Prognosemarkt ein guter und objektiver Indikator. Die Expertise der Bürgerparlamente wird erhöht, indem besseres Abschneiden mit zusätzlichen Losen (siehe Zusatzlose für Bürgerparlamente) honoriert wird.
Befragungstypologie: Fragebogen, Prognosemarkt oder Abstimmung?
- Ein klassischer Fragebogen kann hinreichend gut subjektive Antworten zu Fragen zur Gegenwart erheben, im Hier und Jetzt (Diagnostik): "Was ist ...?"
- Ein Prognosemarkt erhebt konsensuale Erwartungen über die Zukunft (Prognostik): "Was wird sein?" einschließlich der bedingten Zukunft: "Was wird sein, wenn ...?"
- Weder Diagnostik noch Prognostik beantworten die Frage nach einer Handlungsentscheidung: "Was soll gemacht werden?" Diese beinhalten immer subjektive Wertungen und Ziele von Einzelpersonen oder innerhalb von Gemeinschaften mehrerer Personen. Bei Gemeinschaften kann entweder ein Führer entscheiden oder ein geeignetes Verfahren zur Abstimmung durchgeführt werden. Im demokratischen Bereich empfiehlt sich die Methode des systemischen Konsens.
Nebenbedingungen
- Betrugssicherheit -- Die Mechanik des Prognosemarkts stellt sicher, dass Teilnehmer ihre Credits nur durch fundamentales Wissen und positive Beiträge vermehren können. Die Anreize sind so gesetzt, dass ein Teilnehmer nur durch Handel seiner echten Meinung gut abschneiden kann. Dies geschieht durch technische Vorkehrungen zur Betrugsabwehr, das Reglement und dessen Überwachung durch die Marktaufsicht. Durch vollständige Transparenz über Transaktionen und Meldungen sind alle Teilnehmer selbst in der Lage zu prüfen, ob sie geschädigt wurden oder ob die Führenden korrekt teilgenommen haben.
- Keine Mehrfachteilnahme -- Wie bei normalen Abstimmungen und Fragebögen, muss geprüft werden, dass eine einzelne Person auch in einer Prognosefrage nur einmal teilnimmt.
Vorteile
- Kontinuierliche Konsensbildung
- Falsifizierbarkeit aller Beiträge
- Manipulationsresistenz
- Hohe Debattenkultur
- Quantitative Auswertungsmöglchkeiten
- Qualitative Auswertung nach Sentiment, Motiven und Lösungsideen
- Vereinfachtes Sampling
- Kulturelle Neutralität
- Expertenfindung
- ...
Nachteile
- Höhere Komplexität
- Vorurteile gegen Märkte und Marktwirtschaft
- Religiöse Vorurteile
- Ideologische Vorurteile
- ...
Arbeitsliste
- Neue UX Erfordernisse für breiten Einsatz
- Mobile Version
- Open Source
- ...
Weitere Links
- Hofkirchner, H. (2016). Bayesian Relief. Research World, ESOMAR. April 2016.
- Puleston, J., Wheatley, A., Hofkirchner, H.: Predicting the Future. Primary Research Exploring the Science of Predictions. Esomar Congress Paper, Nice 2014.
- Steidl, P., Hofkirchner, H., et al.: The Marketing Research Revolution. A Marketer's Guide to Emerging New Methods. NMSBA, 2017.
- Zum ursprünglichen Manifest: The New Demarchy Manifesto
- Was ist ein Bürgerparlament?